Kalenner Deern: Määrt

Kalenner Deern Määrt März Portrait Lomoherz

Kalenner Deern: Määrt

März - Määrt Portrait Kalenner Deern Lomoherz

 

Dass Anfang, Mitte und Ende März mal zu einem Monat gehört haben sollen, ist nur schwer zu glauben. Zu Beginn war er noch bitterkalt und heftige Stürme zogen übers Land. Jetzt ist es licht und warm und schmetternd und im Pelz schon fast zu warm. Alles tanzt und wiegt und beginnt.

Es ist 1886, die Fotografie mit Papierabzügen ist noch neu und die Freiheitsstatue wird gerade erst in New York aufgebaut. In einer Chronik heißt es, dass die Temperatur am 24. März 1886 knapp 16°C an der Nordsee betrug, während in den ersten Märzwochen noch ausnahmslos Minusgrade herrschten. Der Wind kam aus Ost-Südost. Gar nicht so anders wie in diesem Jahr, oder?

Zum Kleid in den Fotografien gibt es eine Geschichte, die ich euch ein anderes Mal erzählen will (es gibt noch mehr Bilder!). Aber so viel sei verraten: Es ist ein Original aus der Gründerzeit, genau genommen ist das Kleid um die 130(!) Jahre alt. Wenn man davor steht ist man wirklich ein bisschen beduselt von der schillernden Handarbeit – und dass sie so lange überdauert hat. Der Pelzmantel ist ebenfalls ein besonderes Einzelstück und ist viel schwerer, als das Bild vermuten lässt.

Hier und da steht geschrieben, dass man schon so lange die Explosion des Frühlings feiert wie der Monat März heißt. Herzlich willkommen – hier beginnt der Kreis von neuem. Ich finde es faszinierend, dass die Menschen auf der Nordhalbkugel vor 1.000, 2.000 oder eben 130 Jahren ähnlich betrunken vom immer wiederkehrenden Aufbruch waren wie heute. Jedes Jahr ist es, als würde man ein Frühlingskorn mehr in die Waagschale legen und schon kippt der Winter krachend hinten über. Und dann geht alles ganz schnell, sind die Gemüter außer Rand und Band.

Die Tag-und-Nacht-Gleiche im Frühling ist auch so ein Zünglein an der Waage. An einem Tag im März (in den nächsten Jahren wird es der 20. März sein), ist der Tag genau so lang wie die Nacht. Vereinfacht könnte man die Welt dann mit einem Kuchenmesser längs durchschneiden und bekäme eine helle und eine dunkle Hälfte. Ein Tag später ist alles schon wieder im Ungleichgewicht. Eleanor Catton hat übrigens einen tollen Roman um das Äquinoktium gesponnen – Die Gestirne heißt er.

Die Iden des März, die vor allem Unheil ankündigen. März, der nach dem römischen Kriegsgott Mars benannt wurde. März, der früher mal der allererste Monat im Jahr war. Dieser Monat ist Aufmerksamkeit, Tumult, Aufbruch und Neuanfang pur. Bevor Mars Kriegsgelüste bekam war er auch schon mal das genaue Gegenteil, nämlich eine Gottheit der Fruchtbarkeit, was Ackerbau und Landwirtschaft mit einbezog. Wachsen statt vernichten. Die Römer und ihre fließenden Allianzen… Aber vielleicht fühlt man sich auch vor allem im März besonders resolut, mutig und aufgeladen und ist hungrig nach neuen Eroberungen 😉

Und de Deern Määrt? Das ist mein talentiert-aufmerksames Model Julia – neben der Spannung in ihrer Haltung mag ich auch sehr, wie sie ihre Hände einsetzt.
Am Tag des Photoshoots scheute sie weder Frost noch Motten und in ihrem Besitz befinden sich auch Kleid und Mantel. Vielen lieben Dank, dass wir diese besonderen Kleidungsstücke dafür nutzen durften!

Der Begriff Määrt stammt übrigens aus einem plattdeutschen Dialekt aus Ostfriesland und bedeutet natürlich März. Alle Kalenner Deern.

 

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Alle Bilder wurden bei der Klosterkapelle aus dem 14. Jahrhundert in Rambin (Rügen) mit einer analogen Film-Kamera aufgenommen. Kein Photoshop (bis auf die Titelbilder), keine Filter oder sonstiges.
Einfach pure Film-Fotografie.

Model: Julia

Kamera: Kiev 60

Film: Fuji Pro 400H (Mittelformat)

Entwicklung & Scan: Mein Film Lab 

Alle Bilder werden in geringer Auflösung gezeigt. 

4 Comments
  • Zeitlauf
    Posted at 22:11h, 02 April Antworten

    Tolle Serie… macht mir gleich Lust mich auch wiedermal am Portraitfach zu versuchen.

    • Lomoherz
      Posted at 16:32h, 21 Mai Antworten

      Vielen lieben Dank! Freut mich, wenn ich dahingehend ein bisschen Inspiration sein kann 🙂 Portraits machen schon Spaß (ich bin aber auch immer ein bisschen mehr unter Druck…;)!

  • Anne
    Posted at 10:59h, 05 April Antworten

    so ein schöner Text! ich bin schon gespannt auf die geschichte zum Kleid! und die bilderreihe mag ich wirklich sehr!

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