Mylady Valletta

Mylady Valletta

Diesen Tag in Valletta, in Maltas Hauptstadt, werde ich wohl nie vergessen, denn es war der letzte gemeinsame Ausflug mit meiner wunderschönen ersten LC-A. Der Tag, an dem ich (aus Versehen) den Rückspulmechanismus zerstörte. Ach ja, und der Tag, an dem ich 25 wurde.

Valletta (c) Lomoherz (32)Blick auf Valletta mit der imposanten Kuppel der Karmeliterkirche

Ich war erst seit ein paar Tagen auf dieser niedlichen, kleinen Insel und schon hatte ich alles satt: Malta, meine Mitbewohnerinnen, die Affenhitze und vor allem meine Mitbewohnerinnen. Hatte ich schon erwähnt? Genauso satt hatte ich sie. Mit einem Mädel, dass einen Laden nicht betrat, weil dort farbige Männer einkauften, wollte ich mir nicht das Zimmer teilen. Und auch nicht den Weg zur Arbeit und zurück bei Temperaturen um den persönlichen Siedepunkt.
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Trotz meiner lichtlieben Haut kam ich mit dieser feuchten Hitze Tag und Nacht überhaupt nicht zurecht. Ich sehnte mich 24 Stunden am Tag nach einer Dusche (oder 10!) und sobald die sporadisch eingeschaltete Klima-Anlage im Großraumbüro wieder abgeschaltet wurde, weil Madame davon einen kratzigen Hals bekam, wollte ich sie mit Papierkügelchen bewerfen. Diese Insel verwandelte mich in in eine Aggro-Conny!
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Auf all meinen Auslandsreisen hatte ich mir noch nie gewünscht, nach ein paar Tagen wieder nach Hause zu fahren, aber hier hatte ich nach monatelanger Vorfreude plötzlich keine Lust mehr, zu bleiben. Dazu kamen noch ein paar weitere unangenehme Situationen, die hier jeden Rahmen sprengen würden und um die es auch gar nicht geht. Nur so viel: Den unmöglichen Mitbewohnerinnen/praktikantinnen wurde später gekündigt und alles wurde gut (und Malta ein unvergessliches Erlebnis samt Praktikums-Dienstreisen nach Ägypten und Zypern;)
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Allderdings gab es davor noch jenen schwarzen Tag in Valletta, an dem ich meine erste LC-A schrottete. Blöd, dass es ausgerechnet mein Geburtstag war. Es war das erste Mal, dass ich die Hauptstadt besuchte, seit ich mit dem Schiff in Malta angedockt war.
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Bevor man sich abends auf Geburstagsdrinks im Juuls (eine tolle Reggae-Bar!) in Sliema traf, wollte ich unbedingt endlich Valletta erkunden. Die Stadt ist so gut wie verkehrsfrei, daher nimmt man am besten den Bus (gut festhalten) oder das Wassertaxi (très cool) und steigt vor den Mauern der Stadt aus, die sich wie eine einzige sandsteinfarbene Burg über Malta erhebt.
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Einen Plan hatte ich für diesen Tag im August nicht, und so ging ich einfach ein paar hügelige Straßen hinauf und wieder runter, kaufte die ersten Postkarten und lud mich in einem der vielen Restaurants auf dem Republic Square zum Essen ein. Hätte ich gewusst, dass dies mein letzter und einziger LomoWalk durch Valletta sein würde, hätte ich mir natürlich viel mehr Mühe gegeben und ein paar imposantere Motive herausgesucht! Beim Transportieren des Films knackte es zwar mal hin und wieder verdächtig, aber ich machte mir nichts weiter daraus. Richtig schlimm wurde es erst beim Zurückspulen: mir wurde heiß und kalt, als es weder vor noch zurück ging und ich kurz darauf auch schon die Kurbel in der Hand hielt. Ich hätte heulen können! Meine LC-A, meine treue und einzigartige Begleiterin mit der ich das halbe Jahr Praktikum im südlichsten Europa festhalten und dokumentieren wollte! Eine andere Lomo-Kamera hatte ich nicht dabei, und eine digitale schon gar nicht. Ich saß bestimmt noch eine halbe Stunde völlig bedröppelt auf meiner Bank inmitten der Touristenmassen. Ein kleiner Trost war es, dass ich später mithilfe einer Zange den Film noch zurückspulen konnte und wenigstens die Bilder nicht dahin waren. Diese „manuelle“ Handhabung reichte noch für einen Film in Ägypten und einen in Mdina, den ich aber fast 2 Jahre lang in der Kamera „vergaß“ (hier gibt’s die Geschichte dazu), weil danach gar nichts mehr ging und ich die LC-A bereits Monate vor meiner Heimreise wieder in den Koffer packen musste.
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Dass Malta mal britische Kolonie war, merkt man an jeder Ecke: Linksverkehr, rote Briefkästen und Englisch als zweite Landessprache, der maltesischen „Ur-Sprache“ also gleichgestellt. Maltesisch selbst klingt wie eine Mischung aus Italienisch und Arabisch, sehr hitzig, in der Melodie fast ein wenig vorwurfsvoll (was man aber auf keinen Fall falsch verstehen darf) und mit vielen [i]s und [chr]s. Sehr sehr interessant. Ein Bier kann ich aber leider immer noch nicht auf Maltesisch bestellen, höchstens mal Hallo sagen.
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Valletta ist wahrscheinlich eine der schönsten Hauptsädte die ich jemals gesehen habe. So erhaben und so … beige. Tasächlich sind die meisten Bauten in einem hellen Braunton gehalten, was dem charakteristsichen Sandstein geschuldet ist. Von Weitem sieht die maltesische Hauptstadt wie ein riesiges Bollwerk aus, da sie von einem Ring aus Bastionen umgeben ist – man musste sich schließlich an allen Fronten verteidigen. Den vielen verschiedenen Einflüssen der Besatzungsmächte begegnet man heute an vielen Ecken als Mischkultur im Alltag der einheimischen Malteser.
Valletta ist außerdem die flächenmäßig kleinste Haupstadt der EU und wurde in ihrer unvergleichlichen Gesamtheit in die UNESCO-Weltkulturerbe-Liste aufgenommen. Aber so unnahbar Valletta als Skyline mit der imposanten Kuppel der Karmeliterkirche von außen erscheint, desto bunter und quirliger schaut es innerhalb dieser Mauern aus.  Auf der Republic Street läuft man einmal quer durch die Altstadt, die immer wieder den Blick in kleine Gassen freigibt, die man einfach entdecken muss. Auf den ersten Blick mögen sie vielleicht alle gleich aussehen, aber in Wirklichkeit wird Valletta von so vielen Details, Charakter und Farbstichen durchzogen, dass man gar nicht weiß, wo man zuerst hinschauen soll…
Valletta (c) Lomoherz (17)Valletta (c) Lomoherz (16)Valletta (c) Lomoherz (31) Valletta (c) Lomoherz (11)  Typische maltesische Balkone

Valletta ist vielleicht die kleinste EU-Hauptstadt, aber dafür auch eine der am dichtesten bevölkerten Städte der Welt. Zählt man die zahlreichen Touristen dazu, für die Valletta eine der Hauptattraktionen auf der Insel ist, dann kann man sich leicht vorstellen, wie munter und lebhaft es in il-Belt Valletta, wie die Malteser ihre Hauptstadt nennen, zugeht. Zur Entspannung wählt man am besten eins der vielen historischen Cafés oder Restaurants, oder ganz idyllisch: die Upper Barrakka Gardens. In dieser Oase oberhalb Vallettas fühlt man sich nicht nur wie in einem kleinen mediterranen Dschungel, sondern hat auch noch eine wunderbare Aussicht über die Stadt, Malta und dem Grand Harbour:
Valletta (c) Lomoherz (9) Valletta (c) Lomoherz (5) Valletta (c) Lomoherz (4) Valletta (c) Lomoherz (3)Blick von den Upper Barrakka Gardens

Ċaw, il-Belt Valletta!

12 Comments
  • Sabine
    Posted at 12:35h, 05 November Antworten

    Wow, das sind beeindruckende Fotos! Du hast es echt drauf.
    Ich habe einen Link zu deinem Doppelbelichtungs-Post in meiner Novemberinspiration verlinkt, ich hoffe du freust dich ein wenig darüber: http://everydaysoap.net/lifestyle/november-inspiration-hol-das-beste-aus-deiner-kamera
    Liebe Grüße!

    • Lomoherz
      Posted at 21:09h, 06 November Antworten

      Hallo Sabine,
      hab super vielen Dank, das ehrt und freut mich total 🙂
      Habe deinen Kommentar zum Swap leider zu spät im Spam entdeckt…
      Aber jetzt landest du da nicht mehr, dafür hab ich gesorgt 😉

  • Evelin Bürger
    Posted at 15:34h, 05 November Antworten

    Einfach supertollll. Man glaubt fast selber da gewesen zu sein. Besonders nett ist die Reihenfolge, Rückspuhlfunktion kaputt und ach ja, mein 25igster Geburtstag. Alles Gute, freu mich schon auf viele neue Bilder.

  • Jessica
    Posted at 20:43h, 06 November Antworten

    Danke für den Kurzurlaub, ich bin ja geneigt, den nächsten Flug zu buchen und mir das auch einmal anzusehen 😉

    Liebe Grüße, Jessica

  • gardaseepur
    Posted at 18:52h, 09 November Antworten

    hört sich alles wirklich klasse an….und die Bilder sind bellissime!

    • Lomoherz
      Posted at 21:54h, 18 November Antworten

      Danke, die sind zur Abwechslung mal richtig retro 😉

  • Paleica
    Posted at 12:17h, 11 November Antworten

    valletta war mein absolutes überraschungshighlight unserer mittelmeerreise damals. einfach traumhaft und ich hab mich instant in das „beige“ 🙂 städtchen verliebt. die sache mit deiner lc-a ist natürlich dramatisch O.o aber dafür hast du trotzdem viiiele wundervoll eindrücke mitgebracht!

    • Lomoherz
      Posted at 21:47h, 18 November Antworten

      Ja, nicht? genauso ging es mir auch! Ich war hin und weg und es traf mich ganz plötzlich.
      Danke für deine Anteilnahme 😉 Nur leider auch die einzigen Eindrücke aus Valletta…. die kaputte LC-A liegt immer noch im Schrank, aber zum Glück gibt es inzwischen eine Nachfolgerin 🙂
      Schöne Grüße!

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    Posted at 12:38h, 08 März Antworten

    […] vor Bild 1 gewaltig – es ging nicht vor und nicht zurück. Wie bei meinem ganz ähnlichen Erlebnis auf Malta wurde mir wieder heiß und kalt, nur dass ich dieses Mal innerhalb weniger Minuten mein Badezimmer […]

  • Pingback:Das Buch im Film #5 - Drama, Baby!
    Posted at 09:58h, 20 Juli Antworten

    […] ein paar Wochen wieder topfit ist, nachdem ich sie vor ein paar Jahren auf Malta abgemurkst hatte (Beweisbericht hier) und die seither brach lag. Jetzt ist sie Gott sei Dank wieder ganz die Alte und macht lustige […]

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    Posted at 08:00h, 19 August Antworten

    […] ist. Als wir tiefer in das Stadtherz eindringen, fällt mir wiederum eine gewisse Ähnlichkeit zu Valletta  auf, denn Berns Stadthäuser sind ebenfalls ganz und gar Sandstein, wenn auch etwas grünstichiger […]

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