Aufs Fischland geradelt

Aufs Fischland geradelt

Dieser Artikel ist vor einigen Wochen schon mal in ähnlicher Form auf Lomography.de erschienen. Aber als ich neulich im Radio hörte, dass die Mobilfunknetze in der Region ob der Massen an Urlaubern so gut wie brach lagen, musste ich wieder an diesen Artikel denken und an meine kleine Halbinsel, die jede Saison unter den vielen Sommerfüßen bestimmt ein paar Millimeter tiefer im Meer liegt…

Die Urlaubssaison ist im vollen Gange – Deutschland packt seine Koffer für ein wenig Erholung in der Provence, auf Island oder … am eigenen Meer. Falls es euch diesen Sommer ebenfalls an die Meck-Pommsche Ostseeküste verschlagen sollte, empfehle ich euch unbedingt, die Halbinsel Fischland-Darß zu erkunden – und zwar mit dem Fahrrad!

RDG

Der Trend Urlaub im eigenen Land schlägt auch bei uns hohe Wellen – sehr zur Freude der malerischen Fischerdörfer entlang der Mecklenburgischen Ostseeküste.

Die Landzunge Fischland-Darß zwischen Rostock und Stralsund ist zwar immer noch ein kleiner Geheimtipp, aber auf eine winzige (Halb-)Insel passen eben nur eine begrenzte Anzahl von Menschen. Die beste Möglichkeit, nicht an den Touristen festzukleben und die etwas heikle Parkplatzsituation zu umgehen, ist daher, die Peninsula mit dem Fahrrad zu erkunden. Und das geht ziemlich einfach: Fahrt immer gerade aus und schon reiht sich ein hübsches Fischerdörfchen nach dem anderen in euren Windschatten.

Quelle: Google Maps

Start ist die Bernsteinstadt Ribnitz-Damgarten. Der Radwanderweg führt über Körkwitz (wo es eine Wasserski-Anlage gibt) direkt aufs Fischland. An den Strand kann man hier übrigens überall und wer nicht lange fahren will, steuert dafür am besten die kleine Siedlung Neuhaus an. Hier führt der Radweg anschließend durch einen kleinen sandigen Wald und am besten Eisausschank der Insel – an Glassissimo – vorbei. Meine Radtour geht allerdings noch ein ganzes Stück weiter, und um nicht entlang der vielbefahrenen Straße zu radeln, mache ich einen kleinen Umweg über Dändorf.
In dem Dörfchen selbst ist nicht sonderbar viel los, aber die vielen reetgedeckten Häuser und die Straßen aus Kopfsteinpflaster geben diesem Ort einen besonderen Charme. Außerdem verirren sich nur selten Touris hierher, sodass man den niedlichen Hafen meistens für sich allein hat.

Mein Weg führt weiter ins Ostseebad Dierhagen, in dem es drei Ortsteile gibt: Dierhagen-Dorf, Dierhagen-Strand und Dierhagen-Ost. In letzterem habe ich früher eine ganze Weile gewohnt; über meinen Strand habe ich hier schon einmal einen Artikel geschrieben. In Dierhagen-Dorf gibt es einen Discounter und nette kleine Restaurants während Dierhagen-Strand wohl die meisten Touristen im Umkreis anzieht. Der Weg zum Strand wird von kleinen Shops gesäumt, in denen man viel Klim-Bim kaufen, aber auch Eisbecher mit Meerbick essen kann. Oben auf dem Plateau gibt es manchmal kleine Märkte und ein riesiges Schachbrett. Früher bin ich hier oben mit Stirnband und in Fransen-Lederjacke Elektro-Auto gefahren (ich war 6).

Dierhagen wird auch das “Tor zum Fischland” genannt, denn streng genommen beginnt das Fischland, das früher mal eine echte Insel war, erst kurz vor Wustrow. Bis man dort ist, fährt man noch eine Weile auf dem Deich entlang, immer parallel zum Meer und hat daher jederzeit die Möglichkeit, sich schnell mal abzukühlen. Strandübergänge gibt es hier nämlich alle Nase lang.

Kurz vor Wustrow passiert man auch gleich die schmalste Stelle der Landzunge, die Meer und Bodden voneinander trennt. Wer am Windrad kurz stehen bleibt und sein Köpfchen hin- und herschwenkt, sieht hier die Ostsee zu seiner Linken und den Saaler Bodden zu seiner Rechten. Sollte es nach regenreichen Tagen (oder Wochen) hier zu Überschwemmungen kommen, sind es wirklich nur noch ein paar Meter Land (von ursprünglich 100), die zwischen den beiden Gewässern liegen.

Noch ein paar Mal in die Pedale getreten und schon radelt man durchs Ostseebad Wustrow, dem ersten von nur vier Orten auf dem Fischland. Hier gibt es eine Seebrücke, die nur so vor Fotomotiven strotzt, ein Zeltkino im Sommer (aaah, Retro) und den Fotoladen meines Großcousins. Wenn ihr also Filmnachschub oder neue Fotobatterien (oder schöne, nicht-kitschige Ansichtskarten) braucht, kehrt einfach bei Foto Hübner ein!
Das ehemalige Fischer- und Seefahrerdorf zählt definitiv zu den schniekeren Ostseebädern im Norden. Geprägt wird es vor allem durch den schönen Mix aus Fischerkaten- und Strandvillen-Architektur (und den vielen verschiedenen bunten Türen!).

Auf dem Weg von Wustrow nach Ahrenshoop fährt man anschließend durch Althagen, und dort, im Hafen von Althagen (den man nur entdeckt, wenn man einem kleinen unscheinbaren Hinweisschild folgt), gibt es den besten Fisch auf der Halbinsel. Am besten kehrt man zu Mittag im anliegenden Restaurant Räucherhaus ein und begibt sich danach auf einen kleinen Segeltörn auf einem echten Zeesenboot (vorzugsweise bei kräftigem Wind!;). Das sind die Boote mit den braun-roten Segeln, die das Bild dieser Region so stark prägen.

Hinter Althagen lassen wir nicht nur das Fischland hinter uns, sondern ganz Mecklenburg. Die Grenze, die durch Ahrenshoop verläuft, trennt das Fischland vom Darß und Mecklenburg von Vorpommern. Ahrenshoop liegt auf dem Vordarß und damit bereits in Vorpommern. Die kleine Gemeinde mit den imposanten Steilküsten ist das Sahnehäubchen der Halbinsel. Als Idyll mit Seeblick wurde es vor allem durch die Aufenthalte berühmter Dichter und Künstler bekannt. Man hat immer das Gefühl, als gäbe es hier einen Hauch mehr Kultur und Etikette, was einem bei der Durchfahrt auch förmlich ins Gesicht springt: Hier reiht sich eine Galerie an den nächsten Designerladen und so weiter. Ein echter Klassiker ist dafür die “Bunte Stube”, ein Bücherladen, in dem man auch Schals und Geschirr kaufen kann – zu normalen Preisen + Touribonus.
Im Sommer gibt es noch ein kleines Filmfestival, die Ahrenshooper Filmnächte, die auf immer größere Resonanz stoßen. Außerdem ist Ahrenshoop der perfekte Ort für ein Kaffeekränzchen.

Für diese Fahrradtour ist man laut Google ca. 1 1/4 Stunden unterwegs. In Wahrheit wird sie natürlich viel länger dauern, weil ihr einfach überall anhalten und Fotos machen müsst 😉 Aber vielleicht ist der Wind auch auf eurer Seite und gibt euch ordentlich Anschwung! Wenn ihr trotzdem keine Lust habt, den ganzen Weg wieder zurückzufahren (habe ich nie), dann sucht euch einfach einen Hafen, an dem die kleinen Boddenfähren andocken – die haben immer Platz für Fahrräder. Damit erspart ihr es euch, die gleiche Strecke ein zweites Mal abzufahren (wahrscheinlich noch mit Gegenwind, denn auf dem Rückweg – wenn man eh schon halb erschöpft ist – hat man schließlich immer Gegenwind) und schippert gleichzeitig ein wenig auf dem Bodden herum – inklusive Bernsteinstadt-Panorama:

Alle Bilder wurden mit verschiedenen Lomo-Kameras aufgenommen: Diana F+ (Fahrräder, Lomo Redscale), Konstruktor (Dändorf-Dierhagen, Agfa Precia CT X-Pro), Sprocket Rocket, Lubitel 166+ (Wustrow, Lomo Redscale + Lomo CN 400 & Ahrenshoop, Kodak Ektachrome X-Pro) und LC-A (Ribnitz-Damgarten, Fuji Sensia X-Pro).

5 Comments
  • foster
    Posted at 07:37h, 05 August Antworten

    Der landschafts(- und wind)bedingte Radtour-dauert-länger-Effekt kommt mir irgendwie sehr bekannt vor. Muss ihn bei Gelegenheit mal reanimieren, ist schon zu lange her.

    Bei den Bildern sind meine Favoriten das Schachfoto und die durchsichtigen Flossen.

  • Evelin Bürger
    Posted at 15:23h, 05 August Antworten

    Hallo erst mal…
    Das Bild mit dem Rettungsanker und dem Kunstshop sind der Hammer. Macht Lust auf eine Tour dahin. Ich denk an Dich.
    Evelin

  • Eva
    Posted at 01:36h, 06 August Antworten

    Was für eine wunderschöne Tour. Und die Fotos laden zum Träumen ein.
    Liebste Grüße an dich und hab eine wundervolle Woche!

  • Jessica
    Posted at 20:05h, 12 August Antworten

    Traumhafte Bilder! Da bekomme ich richtig Lust auf eine Radtour! Ich geb das mal an meine Eltern weiter, die machen da in der Nähe dieses Jahr noch Urlaub 😉

    Liebe Grüße, Jessica

  • Pingback:Meine 5 liebsten Orte in Deutschland - Lomoherz
    Posted at 20:31h, 23 März Antworten

    […] Blog habe ich hier eine meiner Radtouren mit Lomokameras und -filmen nachgestellt. Ich hoffe aber, in diesem Sommer eine kleine Reportage […]

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